

(Mindestens) Einmal im Leben: die Greina Hochebene
Wir verlassen das liebliche Ronco, unser gemütliches Kleinhotel Stella Alpina und das Bedrettotal, reisen durch die Leventina bis Biasca und schwenken von dort auf die Strasse Richtung Lukmanierpass bis Olivone im Bleniotal. Hier ist für unser Postauto Ende Beton, wir müssen umsteigen. Der vorreservierte Bus Alpin bringt uns jedoch ebenfalls zuverlässig zum Ausgangspunkt unserer Wanderung in Pian Geirètt (2012 m). Dort wird gerade die abenteuerlich anmutende Transportbahn der Scaletta-Hütte bepackt, und wir laufen bergwärts. Da wir gut verpflegt aufgebrochen sind und uns der Lockruf der Greina-Ebene beflügelt, lassen wir die Hütte rechts liegen und rasten nach dem steilen Anstieg nur kurz bei den Steinmännchen auf dem Scalettapass (2235 m). Ein letzter Blick zurück ins Tessin, ciao Bella, und wir wandern Richtung Graubünden. Über Geröll- und Schneefelder stapfen wir zum Passo Greina (2355 m) empor, wo sich uns erstmals die Weite der legendären Greina-Hochebene offenbart. Welch ein Bild! Felsen, Schotter, Schneezungen, eben erst der Winterdecke entschlüpfte, karge Heideflächen und mäandernde Wasser. Unglaublich, dass diese einmalig schöne Landschaft einst einem Stausee hätte weichen sollen. 1985 erzeugten diese Pläne landesweite Proteste, was die Greina-Hochebene monatelang in die Schlagzeilen rückte. Aufgrund der einzigartigen Biotopenvielfalt wurde die Landschaft als Schutzzone ins Bundesinventar aufgenommen und gehört heute zu den Naturdenkmälern der Schweiz mit nationaler Bedeutung.
Ciao Ticino, bun di Grischun!
Die gut sechs Kilometer lange und ca. 1 Kilometer breite Ebene inmitten einsamer Gebirge durchstreifen wir mit Genuss, hier ist man wirklich weit weg. Für das Mittagessen aus dem Rucksack suchen wir uns ein windgeschütztes Plätzchen… und können uns einfach nicht sattsehen. Kehrt der Blick aus der Weite zurück, fällt er bestimmt auf Alpenblümchen und -pölsterchen, die sich aus den kleinsten Ritzen stemmen. Und wie um farbliche Harmonie mit den flechtenbedeckten Felsen bemüht, präsentiert sich uns am Wegrand ein ganzes Feld von gelbem Enzian. Fotografen frohlocken, und alle schliessen diese Bilder im Herzen ein.
Etwa in der Mitte der Ebene passieren wir die Abzweigung zur Motterascio-Hütte, eine reizvolle Variante für ein anderes Mal. Doch heute streben wir Graubünden zu und erklimmen dazu den Diesrut-Pass (2428 m). Über einen steilen Pfad gewinnen wir rasch Höhe, und blicken noch einmal zurück auf die Greina-Ebene und die spektakulär gelegene Terri-Hütte am Taleingang. Unser Ziel ist Puzzatsch (1667 m) in der Val Lumnezia, wo wir nach gut zweieinhalbstündigem Abstieg durch blumenreiche Weiden und vorbei an Alpen eintreffen. Unser Postauto steht schon bereit, bestaunt von den Dorfbewohnern am Platz. Dort gibt’s einen schönen alten Brunnen, und wir tauchen unsere heissen Füsse dankbar ein. Prickelnde Wellness! Abgeschlossen wird dieser unvergessliche Wandertag mit der Fahrt im offenen Cabriolet-Postauto durch die wunderschöne Val Lumnezia, das Tal des Lichts, und Richtung Rheinschlucht, das nächste landschaftliche Juwel!
Wanderung Pian Geirètt – Scalettapass – Greinapass – Greinaebene – Diesrutpass – Puzzatsch, ca. 7 Stunden, T2